Führungen

Viel Geschichte(n) hinter alten Mauern


Sinning Im Rittersaal auf Schloss Sinning prangt als Gemälde groß, stolz und von üppiger Leibesfülle der Weveld'sche Ahnherr Anton, auf den der Freiherrentitel der Familie zurückgeht. Ob seiner Verdienste im 30-jährigen Krieg hatte Kaiser Ferdinand III den Generalfeldmarschall anno 1644 in diesen Stand erhoben. Ein Sinninger war Anton Freiherr von Weveld freilich nie. Er hat in Mainz gelebt und auch in der dortigen Dominikanerkirche seine letzte Ruhestätte gefunden. Erst nach seinem Tod hat er Einzug gehalten auf Schloss Sinning - und das auch lediglich in Form jenes Gemäldes.
Von dort blickt er herab auf seine Nachkommen, die Familie Nicolaus und Gisela Drossbach, der das Anwesen heute gehört und die dort lebt. Für sie funktioniert heute - 356 Jahre später - Lebens- und Schlossunterhalt ein wenig anders als für ihren Vorfahren, der seinen Wohlstand noch durch landesweite Plünderungszüge erworben hatte. Um den Erhalt ihres Anwesens zu finanzieren, öffnen sie es daher - wie so viele andere Schlossherren ihre Besitztümer auch - für die Öffentlichkeit.
Hochzeitsfeiern sind dort in den prachtvollen Räumen möglich - im Rittersaal etwa, der dann zum Standesamt wird. Aber auch Veranstaltungen anderer Art finden statt, so das Landsknechtstreffen, das nun wieder unmittelbar bevor steht (3. bis 5. September).
Dieses historisch nachempfundene Fest kommt nicht von ungefähr. Spätestens seit Gisela Drossbach in die Familie ihres Mannes eingeheiratet hat, ist Geschichte ein wichtiges Thema. Denn die promovierte und habilitierte Historikerin setzt sich auch mit dem Hause Weveld auseinander und ist für Besucher des Schlosses eine versierte Führerin. Sie weiß etwa zu berichten vom Nachfahren Antons von Weveld, Wilhelm Adam von Weveld, der 1721 das Sinninger Schloss sowohl durch Heirat, als auch durch Kauf erworben hat. Der ursprüngliche Renaissancebau (errichtet zirka 1640) war zu jener Zeit um einen Barockflügel und Wirtschaftsgebäude erweitert worden. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wandelte sich der Gutsbetrieb zudem in einen industriellen Landwirtschaftsbetrieb mit Ziegelei, Bräuhaus und Gärtnerei. Eine prunkvolle französische Gartenanlage umgab das Schloss.
Doch das Glück blieb der Familie nicht dauerhaft hold. Generationen später stürzten schlechte Erträge und die Entwertung des Geldes am „Schwarzen Freitag" des Jahres 1929 den damaligen Gutsbesitzer Wilhelm von Weveld in tiefe Schulden. Sein Nachfolger Heribert von Weveld wurde vom regierenden System zur Zwangsentschuldung durch Verkauf des heute sogenannten Weveldhauses in Neuburgs Oberstadt getrieben.
Die heutige moderne Konzeption der Freiherrlich von Weveld'sche Gutsverwaltung baut auf ökologischen Landanbau. Wolfgang Link, Land- und Forstwirtschaftsmeister, verwaltet den Betrieb.
Die letzte namentliche „von Weveld", die im Schloss lebte, war Nicolaus Drossbachs Mutter, Gertrud Amalie Freifrau von Weveld. Durch ihre Heirat mit Hubert Maximilian Drossbach sind Nachname und Titel heute verschwunden.
Geblieben freilich ist der altehrwürdige Familiensitz. Er ist etwas in die Jahre gekommen und bedarf außen wie innen der Renovierung. „Als erstes sind Sanitäranlagen notwendig", erklärt Nicolaus Drossbach, „doch für die haben wir noch keine Genehmigung." Was fehlt, sind alte Baupläne, die detailliert Auskunft geben. So aber „muss alles erst neu vermessen werden".
In der schmucken kleinen Schlosskapelle ist die Stuckdecke im Stile Ludwigs XV von Frankreich eingebrochen. Sie ist provisorisch abgestützt und wartet auf den Tag der Erneuerung. Für kleinere Korrekturen an den Wänden aber „haben wir ständig zwei Eimer Farbe im Haus", erzählt Nicolaus Drossbach.
Einige der vielen Schlafräume und Salons sollen als Gästezimmer hergerichtet werden, etwa für Brautpaare, die ihre Hochzeitsnacht im Schloss verbringen möchten. Das Frühstück können sie dann anderntags im violett gestrichenen Salon einnehmen. Hinter vielen Zimmern stehen interessante und amüsante Geschichten aus längst vergangenen Tagen. So hat es auf Schloss Sinning bis ins 19. Jahrhundert einen Kaplan gegeben. Er hat dort gelebt und nicht nur zweimal täglich - für alle Bewohner verpflichtend - die Heilige Messe gehalten, sondern auch die Kinder des Hauses unterrichtet. Faszinierend ist auch das kleine Gerichtszimmer im Erdgeschoss. Da die Freiherren von Weveld das Recht der niederen Gerichtsbarkeit innehatten, fanden dort Prozesse statt. Heute „bewacht" eine Ritterrüstung die alten Akten, die derzeit gesichtet und neu archiviert werden.
Beäugt von den zahlreichen Ahnherren, die auf den Fluren und in den Zimmern an den Wänden prangen, dürfen nun unsere Leser den amüsanten Erzählungen lauschen. Gruselig wird es, wenn es um den Gefängnisturm mit Verlies geht und brave Hofbeamte geistern ebenso durch die augenzwinkernden Erzählungen Nicolaus Drossbachs wie ein schlitzohriger Gefängnisleiter.



Von Barbara Würmseher

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